FRAUEN im ISLAM und in der JÜDISCH-CHRISTLICHEN TRADITION
Eine Gegenüberstellung von Dr. Sherif Abdel Azeem

MYTHOS & REALITÄT

Freitagspredigt von Br. Sherif Muhammad
Kingston, February 10, 1995, University of Essex Islamic Society



Teil 2

12. MÜTTER     13. ERBSCHAFT der FRAU
14. NOT der WITWEN     15. MEHREHE (Polygynie)      16. Der SCHLEIER
17. NACHWORT     and     FUSSNOTEN

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12. MÜTTER

An verschiedenen Stellen schreibt das Alte Testament die freundliche und rücksichtsvolle Behandlung der Eltern vor und verdammt jene, welche diese nicht ehren. Zum Beispiel: "Wenn jemand seinen Vater oder seine Mutter beschimpft, so muss er getötet werden." (Lev. 20:9) und "Ein weiser Mann erfreut seinen Vater, doch ein dummer Mann verachtet seine Mutter." (Proverbs 15:20) Auch wenn das Ehren des Vaters an einigen Stellen alleine erwähnt wird, wie z.B. "Ein weiser Mann beeilt sich, die Anordnungen des Vaters auszuführen (Proverbs 13:1), wird die Mutter alleine nie erwähnt. Darüber hinaus gibt es keinen besonderen Hinweis darauf, die Mutter freundlich zu behandeln, als Zeichen der Anerkennung ihrer Leiden bei der Geburt und für deren Anstrengungen beim Stillen. Daneben beerben Mütter ihre Kinder in keinem Fall, Väter allerdings schon. 42

Es ist schwer über das Neue Testament als eine Schrift zu sprechen, welche dazu aufruft, die Mutter zu ehren. Im Gegenteil bekommt man den Eindruck, als sähe das Neue Testament die freundliche Behandlung der Mütter als Hindernis auf dem Weg zu Gott. Gemäß dem Neuen Testament kann niemand ein guter Christ werden, ein Jünger Christui, wenn er seine Mutter nicht hasst. Es wird Jesus zugeschrieben gesagt zu haben:

"Wenn jemand zu mir kommt, und seinen Vater, seine Mutter, seine Frau und seine Kinder, seine Brüder und Schwestern nicht hasst - ja sein eigenes Leben - so kann er nicht mein Jünger sein". (Lukas 14:26)

Weiters zeichnet das Neue Testament ein Bild Jesu als achtlos, ja sogar respektlos seiner eigenen Mutter gegenüber. Zum Beispiel als sie ihn suchte, während er zum Volke predigte, kümmerte er sich nicht um sie:

"Und es kamen seine Mutter und seine Brüder und standen draußen, schickten zu ihm und ließen ihn rufen. Und das Volk saß um ihn. Und sie sprachen zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder und deine Schwestern draußen fragen nach dir. Und er antwortete ihnen und sprach: Wer ist meine Mutter und meine Brüder? Und er sah ringsum auf die, die um ihn im Kreise saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder! Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter. ' " (Markus 3:31-35)

Man kann argumentieren, dass Jesus versuchte seiner Zuhörerschaft eine wichtige religiöse Lektion zu erteilen und dass die religiösen Bande nicht weniger stark seien, als die familiären. Dennoch hätte er seinen Zuhörern dieselbe Lektion erteilen können, ohne seiner Mutter gegenüber so gleichgültig aufzutreten. Die gleiche respektlose Haltung wird ihm zugeschrieben, als er sich weigerte die Aussage eines seiner Zuhörer gut zu heißen, als dieser die Rolle seiner Mutter pries, weil sie ihm ja das Leben schenkte und ihn aufzog:

"Und es begab sich, als er so redete, da erhob eine Frau im Volk ihre Stimme und sprach zu ihm: Selig ist der Leib, der dich getragen hat, und die Brüste, an denen du gesogen hast. Er aber sprach: Ja, selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren.' " (Luke 11:27-28)

Wenn eine Mutter, wie die Jungfrau Maria derart unhöflich behandelt wird, wie dies im Neuen Testament dargestellt wird, durch einen Sohn wie Jesus Christus, wie sollte dann eine durchschnittliche Mutter von ihren durchschnittlichen christlichen Söhnen behandelt werden?

Im Islam ist die Ehre, der Respekt, die Wertschätzung der Mutter beispiellos. Der Qur'an reiht die Wichtigkeit, gütig gegen die Eltern zu sein, an zweite Stelle, gleich nach der Verehrung Gottes:

"Und dein Herr hat befohlen: "Verehrt keinen außer Ihm, und (erweist) den Eltern Güte. Wenn ein Elternteil oder beide bei dir ein hohes Alter erreichen, so sage dann nicht »Pfui!« zu ihnen und fahre sie nicht an, sondern sprich zu ihnen in ehrerbietiger Weise." (17:23]

Der Qur'an betont auch an mehreren anderen Stellen die erhabene Rolle der Mutter als Gebärende und Stillende:

"Und Wir haben dem Menschen im Hinblick auf seine Eltern anbefohlen - seine Mutter trug ihn in Schwäche über Schwäche, und seine Entwöhnung erfordert zwei Jahre -: "Sei Mir und deinen Eltern dankbar. Zu Mir ist die Heimkehr." [31:14]

Die besondere Stellung der Mütter im Islam wurde in schöner Weise vom Prophet Muhammad beschrieben:

"Ein Mann fragte den Propheten: "Wen sollten wir am meisten achten?" Der Prophet erwiderte: "Deine Mutter". "Und wen dann?" fragte der Mann weiter. Der Prophet antwortete: "Deine Mutter." "Und wer kommt dann?" gab der Mann nicht auf. "Deine Mutter!" antwortete der Prophet. "Und wen dann?" fuhr der Mann fort. "Deinen Vater." " (Buchari und Muslim).

Unter den wenigen Regeln des Islams, welchen die Muslime auch heute noch gläubig folgen, gehört die Behandlung der Mütter. Die Ehre welchen den Müttern von ihren Söhnen und Töchtern zuteil wird, ist beispielhaft. Die äußerst herzliche Beziehung zwischen muslimischen Müttern und ihren Kindern, der tiefe Respekt, mit welchen muslimische Männer ihren Müttern entgegentreten, verblüfft im Allgemeinen die westlichen Menschen. 43

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13. ERBSCHAFT der FRAU

Eine der wichtigsten Unterschiede zwischen Qur'an und Bibel ist deren Haltung bezüglich der Möglichkeit einer Frau etwas vom Vermögen eines verstorbenen Verwandten zu erben.

Die biblische Haltung wurde in kürzester Weise von Rabbi Epstein beschrieben. "Die durchgehende und ungebrochene Tradition seit biblischen Tagen gibt den weiblichen Haushaltsmitgliedern, Frau und Töchtern, keinerlei Recht auf das Familienvermögen. In der ursprünglichen Form waren die weiblichen Familienmitglieder Teil des Familienbesitzes, und derart ohne gesetzliche persönliche Identität, genauso wie Sklaven. Durch weitere mosaische Verfügungen wurden die Frauen zur Besitznachfolge zugelassen, vorausgesetzt, alle männlichen Belange waren erfüllt worden. Aber selbst unter dieser Bedingung wurde die Frau nicht als Erbin betrachtet." 44

Warum waren die Frauen als Familienbesitz betrachtet worden? Rabbi Epstein gibt Antwort:
"Vor der Ehe sind sie der Besitz des Vaters; nach der Hochzeit der des Ehemannes." 45

Die biblischen Erbschaftsgesetze finden sich in 4. Moses; Numeri 27:1-11. Der Frau wird kein Anteil an des Mannes Vermögen zuerkannt, wohingegen er ihr erster Erbe ist, selbst vor ihren eigenen Söhnen. Eine Tochter kann nur erben, wenn es keinen männlichen Erben gibt. Eine Mutter kann zu Lebzeiten des Vaters gar nichts bekommen. Witwen und Töchter blieben, wenn es männliche Erben gab, der Großzügigkeit dieser männlichen Erben ausgeliefert. Dies ist der Grund, warum Witwen und Waisenmädchen zu den mittellosesten Mitgliedern der jüdischen Gesellschaft zählten.

Das Christentum folgte dieser Gepflogenheit für lange Zeit. Sowohl Kirchen- wie auch Zivilrecht, schnitten die Töchter von der Teilhabe an der väterlichen Hinterlassenschaft zu Gunsten ihrer Brüder ab. Daneben wurden den Ehefrauen sämtliche Erbschaftsrechte abgesprochen. Diese unausgewogenen Gesetze überlebten bis ins späte 19. Jahrhundert. 46

Unter den heidnischen Arabern waren die Erbrechte ausschließliche den männlichen Familienmitgliedern vorbehalten. Der Qur'an schaffte all diese ungerechten Gepflogenheiten ab und sprach den weiblichen Verwandten Anteile am Erbe zu:

"Den Männern steht ein Teil von der Hinterlassenschaft ihrer Eltern und Verwandten zu, und ebenfalls den Frauen steht ein Teil von der Hinterlassenschaft ihrer Eltern und Verwandten zu. Sei es wenig oder viel. (Das gilt) als vorgeschriebener Anteil." [4:7]

Muslimische Mütter, Ehefrauen, Töchter und Schwestern hatten das Erbrecht bekommen - dreizehnhundert Jahre bevor Europa überhaupt erkannte, dass solche Rechte existieren. Die Aufteilung des Erbes ist ein weites Gebiet mit vielen detaillierten Bestimmungen (4:7,11,12,176).

Allgemeine Regel ist, dass die Frau die Hälfte des Anteils an den Mann bekommt, ausgenommen davon ist, dass die Mutter den gleichen Anteil wie der Vater bekommt. Diese allgemeine Regel, aus dem Zusammenhang mit anderen, welche zwischen Frau und Mann gelten, genommen, erscheint unfair. Um den Grund hinter dieser Regel zu erkennen, muss man wissen, dass die finanzielle Verantwortung des Mannes für seine Familie, die der Frau bei weitem übersteigen. (siehe Kapitel: 10 "FRAUEN EIGENTUM?")

Der Bräutigam muss seiner Braut ein Hochzeitsgeschenk übergeben. Dieses Geschenk wird ihr exklusives Eigentum und bleibt dies auch im Falle einer späteren Scheidung. Die Braut ist keineswegs verpflichtet ihren Bräutigam zu beschenken.

Darüber hinaus hat der Mann für den gesamten Unterhalt seiner Frau und Kinder zu sorgen. Die Frau ist nicht verpflichtet, ihm dabei in irgendeiner Hinsicht zu helfen. Ihr Eigentum und Einkommen stehen ihr exklusiv zum Verbrauch zu, ausge­nommen ist davon, was sie ihrem Ehemann bereitwillig zu Verfügung stellt.

Daneben muss berücksichtigt werden, dass der Islam das Familienleben vehement befürwortet. Er ermutigt die Jugend zu heiraten, rät von der Scheidung ab und erachtet den Zölibat nicht als Tugend. Daher ist in einer wirklich islamischen Gesellschaft ein Familienleben die Norm und das Singleleben die Ausnahme. Das bedeutet, dass in einer islamischen Gesellschaft fast alle heiratsfähigen Männer und Frauen auch tatsächlich verheiratet sind. Im Lichte dieser Tatsachen mag man es würdigen, dass die muslimischen Männer im allgemeinen höhere finanzielle Last zu tragen haben als muslimische Frauen und daher die Erbschaftsregeln gedacht sind, dieses Ungleichgewicht auszugleichen, so dass die Gesellschaft ohne Klassen- oder Geschlechterkampf ihr freies Auskommen findet. Ein einfacher Vergleich zwischen muslimischen und britischen Frauen, was deren finanzielle Rechte und Pflichten anlangt, kommt zum Schluss, dass der Islam die Frau nicht nur fair, sondern großzügig behandelt. 47

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14. NOT der FRAUEN

Weil das Alte Testament den Witwen überhaupt keine Erbrechte zugesprochen hatte, waren die Witwen die verwundbarsten des jüdischen Volkes. Die männlichen Verwandten, die ihres Mannes Vermögen geerbt hatten, mussten sie von diesem Besitz erhalten. Dennoch hatten die Witwen keinerlei Möglichkeit diese, ihre Versorgung zu sichern und waren der Gnade anderer ausgeliefert. Daher gehörten die Witwen zur niedrigsten Gesellschaftsschicht im alten Israel und die Witwenschaft bedeutete einen großen Abstieg. (Isaiah 54:4).

Aber die Not einer Witwe gemäß biblischer Tradition ging weiter als bis zu ihrem Ausschluss Anteil am Vermögen des Ehemannes zuhaben. Gemäß Genesis 38, musste eine kinderlose Witwe den Bruder ihres verstorbenen Mannes heiraten, auch wenn er bereits verheiratet war, sodass er Nachkommen für seinen toten Bruder zeugen konnte, um so sicherzustellen, dass der Name des Bruders nicht aussterbe.

"Dann sagte Judah zu Onan: "Lege dich zu deines Bruders Frau und erfülle deine Pflicht als Schwager, Nachkommen für deinen Bruder zu zeugen.' " (Genesis 38:8).

Die Zustimmung der Witwe zu dieser Heirat ist nicht erforderlich. Die Witwe wird als Teil des Besitzes des verstor­benen Ehemannes betrachtet, deren Hauptaufgabe darin besteht, die Nachkommenschaft des Ehemannes sicher zu stellen. Dieses biblische Gesetz ist im heutigen Israel immer noch Praxis 9.  Eine kinderlose Witwe wird nach dem Gesetz dem Bruder ihres Mannes vermacht.

Wenn der Bruder noch zu jung zum Heiraten ist, muss sie sein Heranreifen abwarten. Sollte der Bruder ihres verstorbenen Mannes sich weigern sie zu heiraten, wird sie freigestellt und kann jeden Mann ihrer Wahl heiraten. Es kommt nicht selten vor, dass die Witwen von ihrem Schwager erpresst werden, um ihre Freiheit zu erlangen.

Vor dem Islam pflegten die heidnischen Araber eine ähnliche Praxis. Die Witwen wurden als ein Teil des Besitzes des Ehemanns betrachtet, der von den männlichen Verwandten geerbt wurde und im Allgemeinen wurde sie mit dem ältesten Bruder des verstorbenen Ehemanns verheiratet.

Der Qur'an greift diese Praxis vernichtend an und beendet dieses erniedrigende Vorgehen. (4:22).

Witwen und geschiedene Frauen wurden in der biblischen Tradition so gering geachtet, dass einer der Hohen Priester weder eine Witwe, noch eine geschiedene Frau oder eine Prostituierte heiraten konnte:

"Die Frau, welche er (der Priester) heiratet muss eine Jungfrau sein. Er darf keine Witwe, keine Geschiedene oder eine durch Prostitution befleckte Frau heiraten, sondern nur eine Jungfrau aus seinem eigenen Volk, damit er seine Nachkommenschaft unter seinem Volk nicht verunreinige." (Lev. 21:13-15)

Ein Nachkomme des Cohen Stammes (die Hohen Priester zur Zeit des Tempels) kann im heutigen Israel keine Geschiedene, keine Witwe oder Prostituierte heiraten.49 In der jüdischen Gesetzgebung wird eine drei mal verwitwete Frau, deren Ehemänner alle eines natürlichen Todes gestorben sind, als Unglück bringend angesehen und eine weitere Verehelichung wird ihr untersagt.50

Der Qur'an auf der anderen Seite kennt weder Stämme oder Stände noch Unglück bringende Personen. Witwen und geschiedene Frauen sind frei sich nach Belieben wieder zu verheiraten. Es bleibt kein Stigma auf einer Scheidung oder Witwenschaft zurück im Qur'an:

"Und wenn ihr euch von den Frauen scheidet und sie sich der Erfüllung ihrer Wartezeit nähern, dann behaltet sie in gütiger Weise oder entlasst sie in gütiger Weise. Doch behaltet sie nicht aus Schikane, um zu übertreten. Und wer dies tut, der fügt sich selbst Unrecht zu. Und macht euch nicht über die Zeichen Allahs lustig, und gedenkt der Gnade Allahs, die Er euch erwiesen hat und dessen, was Er euch vom Buch und der Weisheit herabgesandt hat, um euch damit zu ermahnen. Und fürchtet Allah und wisset, dass Allah über alles Bescheid weiß."[2:231]

"Und wenn diejenigen von euch, die abberufen werden, Gattinnen zurücklassen, so sollen diese (Witwen) vier Monate und zehn Tage abwarten. Und wenn sie dann ihren Termin erreicht haben, so ist es kein Vergehen für euch, wenn sie in gütiger Weise über sich selbst verfügen. Und Allah ist wohl vertraut mit dem, was ihr tut." (2:234).

"Und diejenigen von euch, die abberufen werden und Gattinnen zurücklassen, sollen ihren Gattinnen Versorgung für ein Jahr vermachen, ohne dass sie vertrieben werden. Gehen sie jedoch weg, so ist es kein Vergehen für euch, wenn sie zu ihrem Besten über sich selbst verfügen. Und Allah ist Erhaben, Allweise." (2:240).

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15. MEHREHE

Lassen Sie uns nun die wichtige Frage nach der Mehrehe behandeln. Die Mehrehe greift in vielen menschlichen Gesellschaften auf eine sehr alte Tradition zurück. Die Bibel hat die Mehrehe nicht verdammt. Ganz im Gegenteil bestätigen das Alte Testament und die Texte der Rabbiner die Gesetzmäßigkeit der Mehrehe mehrmals. König Salomon werden 700 Frauen und 300 Konkubinen nachgesagt (1 Könige 11:3) Auch König David, so wird berichtet, hatte viele Frauen und Konkubinen (2 Samuel 5:13).

Das Alte Testament beinhaltet einige Verfügungen, wie das Vermögen einen Mannes unter den Söhnen seiner verschiedenen Frauen aufzuteilen ist (Deut. 22:7). Die einzige Einschränkung bezüglich Mehrehe ist das Verbot, die Schwester der Frau als Rivalin zu heiraten. (Leviticus 18:18).

Der Talmud rät zu einem Maximum von vier Frauen [12]. Europäische Juden praktizierten die Mehrehe bis ins sechzehnte Jahrhundert. Orientalische Juden praktizierten die Mehrehe bis sie in Israel ankamen, wo es im Zivilrecht verboten ist. Dennoch ist sie nach religiösem Recht, welches in solchen Fällen über das Zivilrecht gesetzt ist, erlaubt [13].

Wie steht es damit im Neuen Testament? Gemäß Vater Eugene Hillman, in seinem tiefsinnigem Buch "Mehrehe wieder in Betracht gezogen": "Nirgendwo im gibt es im Neuen Testament eine ausdrückliche Anordnung, dass die Ehe monogam zu sein hätte oder irgendein ausdrückliches Verbot, dass die Mehrehe verboten wäre." [14]. Darüber hinaus hat sich Jesus nicht gegen die Mehrehe ausgesprochen, obwohl sie unter seinen jüdischen Zeitgenossen gepflegt wurde. Vater Hillman betont die Tatsache, dass die Kirche die Mehrehe ausgeschlossen hat, um mit der griechisch- römischen Kultur überein zustimmen (welche bloß eine gesetzliche Ehefrau erlaubte allerdings Konkubinat und Prostitution zuließ). Er zitierte den Hl. Augustin: "Nun ist es in unserer Zeit, gemäß den römischen Gebräuchen nicht länger mehr erlaubt, eine weitere Frau zu nehmen." [15].

Afrikanische Kirchen und afrikanische Christen erinnern ihre europäischen Brüder, dass der Bann auf der Mehrehe eine kulturelle Institution ist und keine ursprünglich christliche Vorschreibung.

Auch der Qur'an erlaubt die Mehrehe, doch nicht ohne Einschränkungen:

"Und wenn ihr fürchtet, nicht gerecht gegen die Waisen zu sein, so heiratet, was euch an Frauen gut ansteht, zwei, drei oder vier; und wenn ihr fürchtet, nicht billig zu sein, (heiratet) eine oder was im Besitz eurer rechten (Hand ist). So könnt ihr am ehesten Ungerechtigkeit vermeiden." (4:3).

Der Qur'an, im Gegensatz zur Bibel, beschränkte die Anzahl der Ehefrauen auf vier, unter der strengen Auflage, sie alle gerecht und gleich zu behandeln.

Es sollte nicht angenommen werden, der Qur'an ermutige die Gläubigen die Mehrehe zu praktizieren oder dass diese als Ideal angesehen würde. Anders gesagt, hat der Qur'an die Mehrehe "toleriert" oder gestattet, und nicht mehr. Doch warum ist die Mehrehe zulässig oder gestattet? Die Antwort ist einfach. Es gibt Zeiten und Umständen, welche zwingende Gründe für die Mehrehe bergen. Der Islam, eine universale Religion, passend für alle Orte und jede Zeit, kann diese zwingenden Gründe nicht ignorieren.
 

In den meisten menschlichen Gesellschaften sind die Frauen mehr an Zahl wie Männer.

1. In den U.S.A. gibt es mindestens acht Millionen Frauen mehr als Männer.

2. In einem Land wie Guinea gibt es 122 Frauen auf 100 Männer.

3. In Tansania gibt es 95.1 Männer pro 100 Frauen [16].

Was soll eine Gesellschaft gegen dieses Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern tun?


Es gibt verschiedene Lösungen, einige mögen die Ehelosigkeit, andere den Töchtermord vorziehen (den es noch immer in manchen heutigen Gesellschaften gibt!). Andere denken vielleicht, dass der einzige Ausweg darin besteht, dass die Gesellschaft allerlei Arten der sexuellen Freizügigkeit: Prostitution, außerehelichen Sex, Homosexualität, etc. tolerieren müsste.  

Für andere Gesellschaften, wie die meisten afrikanischen heutzutage, ist es die ehrenhafteste Lösung, die Mehrehe als respektierte kulturelle und soziale Einrichtung anzuerkennen.

Ein Punkt der im Westen oft missverstanden wird ist, dass in anderen Kulturen die Mehrehe nicht als Erniedrigung der Frau betrachtet wird. Zum Beispiel würden es viele junge Afrikanische Ehefrauen, ob sie nun Christen, Muslime oder Andersgläubige sind, vorziehen, einen verheirateten Mann zu heiraten, der bereits seine Verlässlichkeit bewiesen hat. Viele afrikanische Frauen drängen ihre Ehemänner eine zweite Frau zu heiraten, damit sie sich nicht einsam fühlten. 56 Eine Untersuchung mit sechstausend Frauen im Alter von 15 bis 59 Jahren, in der zweitgrößten Stadt Nigerias zeigte, dass 60 Prozent erfreut wären, heiratete ihr Mann eine zweite Frau. Nur 23 Prozent waren nicht erfreut, müssten sie mit einer zweiten Frau teilen. 76 Prozent der Frauen aus einer Untersuchung in Kenia sahen die Mehrehe positiv. In den ländlichen Gebieten Kenias befanden 25 Frauen von 27 (fast 93 Prozent), die Mehrehe besser als die Einehe. Diese Frauen fanden, dass die Mehrehe eine glückliche und befruchtende Erfahrung darstelle, wenn die beiden Frauen einander zuarbeiten. 57

In den meisten afrikanischen Gesellschaften ist die Mehrehe eine solche gewichtige Einrichtung, dass einige protestantische Kirchen sie mehr und mehr tolerieren. Ein Bischof der anglikanischen Kirche erklärte: "Auch wenn die Monogamie der ideale Ausdruck der Liebe zwischen Mann und Frau sein mag, sollte die Kirche doch in Betracht ziehen, dass in bestimmten Kulturen die Polygynie (1 Mann darf mehrere Frauen heiraten) gesellschaftlich akzeptiert ist und dass der Glaube, Poligynie stünde dem Christentum entgegen, nicht länger aufrecht erhalten werden kann." 58

Nach dem sorgfältigen Studium der Mehrehe in Afrika, kam Reverend David Gitari zum Ergebnis, dass Polygynie (im Original: Polygamy), ideal praktiziert, mehr christlich sei, als die Scheidung und Wiederverehelichung, was das Schicksal der betroffenen Frauen und Kinder anlangt. 59 Ich selbst kenne etliche hoch gebildete afrikanische Ehefrauen, welche, obwohl sie viele Jahre im Westen gelebt haben, keinerlei Einwände gegen die Mehrehe haben. Eine davon, sie lebt in den USA, beschwört ihren Mann feierlich, eine zweite Frau zu nehmen, welche ihr helfen soll die Kinder zu erziehen.

In Kriegszeiten wird das Problem der unausgeglichenen Rate der Geschlechter wirklich problematisch. Die eingeborenen indianischen Stämme litten nach Kriegsverlusten ungemein an solchem Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern. Die Frauen dieser Stämme, die tatsächlich einen ziemlich hohen Status einnahmen, akzeptierten die Mehrehe als den besten Schutz gegen jegliche Anfechtungen. Europäische Siedler verdammten diese indianische Mehrehe als "unzivilisiert". [18], ohne eine Alternative anzubieten 60

Nach dem zweiten Weltkrieg waren 7,3 Millionen mehr Frauen als Männer in Deutschland (3,3, Millionen davon waren Witwen). Es gab 100 Männer im Alter von 20 bis 30 für 167 Frauen derselben Altersgruppe. [19]. Viele dieser Frauen brauchten einen Mann nicht nur als Partner, sondern als Versorger in einer Zeit unvorhersehbarer Not und Zukunft. Die Soldaten der siegreichen Armeen nützten diese Verletzlichkeit der Frauen aus. Viele junge Mädchen und Witwen hatten Verhältnisse mit den Mitgliedern der Besatzungskräfte. Viele der britischen und amerikanischen Soldaten bezahlten für ihr Vergnügen mit Zigaretten, Schokolade und Brot. Kinder waren überglücklich mit den Geschenken, welche diese Fremden brachten. Ein 10-jähriger, der von diesen Geschenken hörte, wünschte sich von ganzem Herzen so einen "Englishman" für seine Mutter, damit sie nicht länger hungern müsste. [20].

Wir müssen an diesem Punkt unser eigenes Gewissen befragen: Was ist wohl ehrenhafter für eine Frau? Eine akzeptierte und respektierte zweite Frau zu sein, wie in den indianischen Gesellschaften, oder eine quasi Prostituierte wie in bei den "zivilisierten" Alliierten?

Mit anderen Worten: Was ist ehrenhafter für eine Frau? Die qur'anischen Vorschreibungen oder jene Theologie, welche auf dem Römischen Reich gründet?

Es ist interessant festzuhalten, dass bei einem internationalen Jugendkongress in München 1948 das Problem des höchst unausgeglichenen Verhältnisses der Geschlechter in Deutschland diskutiert wurde. Als sich herausstellte, dass keine Einigung erzielt werden konnte, schlugen einige Teilnehmer die Mehrehe vor. Die anfängliche Reaktion der Teilnehmer war eine Mischung aus Schock und Ablehnung. Allerdings, nach einer sorgfältigen Untersuchung des Vorschlages kamen die Teilnehmer einstimmig zum Schluss, dass dies die einzige Lösung sei. Daher wurde die Mehrehe in die Erklärung der Abschlussempfehlungen aufgenommen. 63

  Die heutige Welt besitzt mehr Massenvernichtungsmittel als je zuvor und die europäischen Kirchen könnten früher oder später dazu gezwungen werden die Mehrehe als einzigen Ausweg zu akzeptieren. Vater Hillmann hat diese Tatsache schon sorgsam bedacht: "Es ist gewiss einleuchtend, dass diese völkervernichtenden Techniken (nukleare, chemische, biologische) so ein Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern verursachen könnten, dass die Mehrehe eine Überlebensnotwendigkeit würde... Im Gegensatz zu herkömmlichem Gesetz, könnte eine überwältigende natürliche und moralische Hinwendung zu Gunsten der Mehrehe eintreten. In solch einer Situation würden Theologen und Kirchenführer rasch schwerwiegende Gründe und biblische Textstellen finden, um ein neues Eherecht zu rechtfertigen."   64

Bis heute ist die Mehrehe eine gangbare Lösung gegen einige der sozialen Krankheiten moderner Gesellschaften geblieben. Die allgemeinen Bedingungen, welche der Qur'an mit der Zulässigkeit der Polygynie (Original: polygamy) verknüpft, sind heutzutage mehr in einigen westlichen Gesellschaften erfüllt, als in Afrika. Zum Beispiel gibt es in den Vereinigten Staaten heute eine schwere Geschlechter Krise in der schwarzen Gemeinschaft..

1. Einer von zwanzig jungen schwarzen Männern stirbt bevor er 21 Jahre geworden ist.

2. Für jene zwischen 20 und 35 ist Mord und Totschlag die häufigste Todesursache. 65

3. Daneben sind viele der schwarzen Männer ohne Beschäftigung, im Gefängnis oder rauschgiftabhängig. 66

4. Als Ergebnis ist eine von vier Frauen (25 %) im Alter von 40 Jahren noch nie verheiratet gewesen. Im Gegensatz dazu nur 10 Prozent (1 von 10) unter den weißen Frauen. 67

5. Darüber hinaus werden viele schwarze Frauen Alleinerzieher bevor sie zwanzig geworden sind und bedürfen eines Unterstützers.

Das Ergebnis dieser tragischen Umstände ist, dass sich eine wachsende Zahl von schwarzen Frauen sich beim so genannten "man-sharing" (Teilen eines Mannes) wieder treffen. Das bedeutet, dass viele dieser unglückseligen Frauen Verhältnisse mit verheirateten Männern pflegen. 68  Die Ehefrauen wissen in den meisten Fällen nicht, dass andere Frauen ihren Mann mit ihnen "teilen". Einige Beobachter der Krise innerhalb der afro-amerikanischen Gesellschaft raten stark zu „einvernehmlicher“ Mehrehe als zeitliche Antwort auf die Minderzahl schwarzer Männer, und zwar solange, bis umfassende Reformen in der amerikanischen Gesellschaft verwirklicht wurden. 69 Mit „einvernehmlicher“ Mehrehe meinen sie eine Polygamie, welche von der Gemeinschaft unter Strafe gestellt wird, diese aber im gegenseitigen Einvernehmen geschlossen wird, im Gegensatz zum geheimen „Mannteilen“, welches gegen die Frau und die Gesellschaft im ganzen gerichtet ist. Das Problem des „Mannteilens“ in der afro-amerikanischen Gemeinschaft war das Thema einer Veranstaltung an der Universität in Philadelphia am 27. Jänner 1993. 70

Einige der Teilnehmer empfahl die Mehrehe als einen möglichen Ausweg aus der Krise. Sie schlugen auch vor, dass die Mehrehe nicht durch das Gesetz geächtet werden sollte, besonders in Gesellschaften, welche die Prostitution gestatten. Der Kommentar einer der Teilnehmerinnen aus dem Publikum war, dass die afrikanischen Amerikaner von Afrika lernen müssten, in welchem die Mehrehe respektvoll praktiziert würde, erntete begeisterten Applaus.

Philil Kilbride, ein amerikanischer Anthropologe, römisch-katholischer Herkunft, schlägt in seinem provokativen Buch die Mehrehe als eine Lösung für einige der sozialen Krankheiten der gesamten amerikanischen Bevölkerung vor. Er argumentiert, dass die Mehrehe sich als geeignete Alternative für Scheidung in vielen Fällen darstellt, vor allem in Hinblick darauf, die schädlichen Einflüsse einer Scheidung auf Kinder, abzuwehren. Er behauptet, dass viele Scheidungen durch die grassierenden außerehelichen Beziehungen in Amerika verursacht werden. Nach Kilbride, ist es besser für die Kinder, eine außereheliche Beziehung durch eine Mehrehe zu beenden, als durch eine Scheidung., "Kindern wäre besser gedient, wenn eher das Hochhalten der Familie als Option gesehen würde, denn Scheidung und Uneinigkeit." Darüber hinaus meint er, dass auch andere soziale Gruppen von der Mehrehe profitieren würden, wie: ältere Frauen, die sich immer einem Männermangel gegenübersehen und die Afro-Amerikaner die sich mit dem „Mannteilen“ plagen. 71

In 1987, erhob eine Umfrage in der Studentenzeitung der Berkeley Universität von Kalifornien, ob die Studenten dafür seien, dass im Falle einer empfundenen Männerknappheit, den Männern per Gesetz in Kalifornien erlaubt werden sollte, mehr als eine Frau zu heiraten. Fast alle Studenten stimmten dieser Idee zu. Eine Studentin behauptete sogar, dass eine Mehrehe ihren emotionalen und physischen Bedürfnissen entgegenkäme, da sie ihr mehr Freiheit schenkt, als innerhalb einer monogamen Verbindung. 72 Jedenfalls wird dieses Argument auch von den wenig verbliebenen fundamentalistischen Mormonenfrauen gebraucht, welche die Mehrehe immer noch in den U.S. praktizieren. Sie glauben, dass die Polygynie der ideale Weg für eine Frau ist, sowohl eine Karriere als auch Kinder zu haben, weil die Frauen einander bei der Betreuung der Kinder unterstützen. 73

Es muss hinzugefügt werden, dass die Mehrehe im Islam eine Sache des gegenseitigen Einverständnisses ist. Niemand kann eine Frau zwingen, einen verheirateten Mann zu heiraten. Daneben hat die Frau das Recht die Bedingung zu stellen, dass der Mann keine weitere Frau als zweite Ehefrau heiraten dürfe. 74

Auf der anderen Hand verweist die Bibel an manchen Stellen auf die erzwungene Mehrehe. Eine kinderlose Witwe musste den Bruder ihres verstorbenen Mannes heiraten, auch wenn er bereits verheiratet war, (siehe Kapitel: "die NOT der WITWE"), ohne Rücksicht auf ihre Zustimmung (Genesis 38:8-10).

Es sollte angemerkt werden, dass in vielen muslimischen Gesellschaften heutzutage die Mehrehe kaum praktiziert wird, da der zahlenmäßige Unterschied zwischen den Geschlechtern nicht groß ist.

Mit Sicherheit kann man aber sagen, dass die Rate der mehrehelichen Beziehungen in der muslimischen Welt weit geringer ist, als die der außerehelichen Beziehungen im Westen. Anders gesagt, sind die Männer in der muslimischen Welt heutzutage monogamer als die Männer der westlichen Welt.

Billy Graham, dieser bedeutende christliche Prediger hat diese Tatsache anerkannt: "Das Christentum kann sich der Frage nach der Polygamie nicht entziehen. Wenn das heutige Christentum dies dennoch tut, so ist dies zu seinem eigenen Nachteil und Schaden. Der Islam hat die Mehrehe als Lösung sozialer Missstände erlaubt und der menschlichen Natur Raum zur Entfaltung zu gestanden, allerdings nur streng innerhalb der gesetzlich bestimmten Rahmenbedingungen. Christliche Länder sind mächtig stolz auf ihre Monogamie, aber praktisch sind sie Polygamisten. Niemand ist sich der Rolle nicht bewusst, welcher diese Abirrung in den westlichen Gesellschaften spielt. In dieser Beziehung ist der Islam eine grundehrliche Religion, und erlaubt einem Muslim eine zweite Frau zu heiraten, wenn er muss, doch verbietet strikt alle geheimen amourösen Liebesbeziehungen, um die moralische Verlässlichkeit innerhalb der Gemeinschaft zu gewährleisten." 75

Es ist interessant, dass viele Länder der Welt heutzutage, egal ob muslimisch oder nicht, die Mehrehe gesetzlich verboten haben. Eine zweite Frau zu nehmen, selbst nach dem freien Einverständnis der ersten Frau, stellt einen Gesetzesbruch dar. Auf der anderen Seite ist es dem Gesetz nach, völlig legitim, die Frau im geheimen und ohne ihre Zustimmung zu betrügen! Was ist die rechtliche Weisheit hinter solch einem Widerspruch? Ist das Recht konzipiert, um den Betrug zu belohnen und die Aufrichtigkeit zu bestrafen? Dies ist wohl eines der unfasslichen Paradoxa unserer "zivilisierten" Welt.

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16. Der SCHLEIER

Zum Schluss lassen Sie uns noch ein wenig Licht auf das werfen, was im Westen als das gewaltigste Symbol der Unterdrückung und Unterwürfigkeit der Frau angesehen wird; dem Schleier oder das Kopftuch. Ist es wahr, dass es in der juden-christlichen Tradition so etwas wie den Schleier nicht gibt? Lassen Sie uns eines nach dem anderen gerade rücken.

Nach Rabbi Dr. Menachem M. Brayer (Professor of Biblical Literature at Yeshiva University) in seinem Buch 'The Jewish woman in Rabbinic literature', war es Brauch jüdischer Frauen, in der Öffentlichkeit mit Kopfbedeckung aufzutreten, welche manchmal sogar das ganze Gesicht bedeckte und nur ein Auge freiließ. [22]. Er zitiert einige bekannte alte Rabbiner: "Es ziemt sich nicht für die Töchter Israels ohne Kopfbedeckung auszugehen." Und "Verflucht sei der Mann, der das Haar seiner Frau den Blicken anderer aussetzt ... eine Frau, welche ihr Haar aus Lust zur Schönheit sehen lässt, bringt Armut."

Das Gesetz der Rabbiner verbot die Rezitation von Segenswünschen oder Gebeten in der Gegenwart einer barhäuptigen verheirateten Frau, da unbedecktes weibliches Haar, als Nacktheit betrachtet wurde..77

Dr. Brayer bemerkt auch, dass "Während der Tannaitischen Periode, das Nichtbedecken ihres Haares als Angriff auf ihre Keuschheit gesehen wurde. Sie konnte für dieses Vergehen mit vierhundert Zuzim bestraft werden." Dr. Brayer erklärt auch, dass der Schleier der Frau nicht immer als Zeichen des Anstandes gewertet wurde. Manchmal drückte der Schleier eher hohen Stand und Reichtum aus, als Anstand. Der Schleier stand für die Ehrbarkeit und Überlegenheit vornehmer Damen. Er deutete auch auf die Unnahbarkeit der Frau, als geheiligtes Eigentum ihres Ehemannes hin. 78 Es ist klar, dass im Alten Testament das Entblößen des Kopfes einer Frau eine große Schande darstellte und dies ist auch der Grund, warum einer unter Verdacht stehenden Ehebrecherin, vom Priester während ihres Prozesses, der Kopf entblößt werden musste. (Numbers 5:16-18).

Der Schleier stand für die Selbstachtung und den sozialen Status der Frau. Die Frauen niederer Stände trugen den Schleier häufig, um einen höheren sozialen Stand vorzutäuschen. Die Tatsache, dass der Schleier das Zeichen für noblen Anstand war, drückte sich auch dadurch aus, dass es in der alten jüdischen Gesellschaft Prostituierten verboten war, einen Schleier zu tragen. Trotzdem trugen die Prostituierten oft ein besonderes Kopftuch, um anständig auszusehen. 79 Jüdische Frauen trugen in Europa bis ins neunzehnte Jahrhundert den Schleier, bis ihr Leben immer mehr von der sie umgebenden säkularen Kultur beeinflusst wurde. Der äußere Druck des europäischen Lebens im neunzehnten Jahrhundert, zwang viele von ihnen, ohne Kopfbedeckung aus dem Haus zu gehen. Einige der jüdischen Frauen fanden es bequemer, ihren traditionellen Schleier durch eine Perücke, eine andere Form der Haarbedeckung, zu ersetzen. Heute tragen die meisten frommen Frauen keinen Schleier mehr, außer innerhalb der Synagoge. 80 Einige unter ihnen, wie z.B. die Gruppe der Hasiden, gebrauchen heute immer noch die Perücke. 81

Wie steht es mit der Tradition der Christen? Es ist wohl bekannt, das katholische Nonnen ihre Häupter seit hunderten Jahren bedecken, aber das ist nicht alles. Der Hl. Paulus machte im Neuen Testament einige interessante Anmerkungen zum Schleier:

"Nun will ich, dass ihr begreift, dass das Haupt jedes Mannes Christus ist und das Haupt jeder Frau ist der Mann und das Haupt Christi ist Gott. Jeder Mann der mit bedecktem Haupt betet oder prophezeit, missachtet seinen Kopf. Und jede Frau die mit unbedecktem Kopf betet oder weissagt, missachtet ihr Haupt - es ist gerade so, als wäre ihr Kopf kahl geschoren. Wenn eine Frau ihren Kopf nicht bedeckt, sollte ihr Haar abgeschnitten werden; und wenn es für die Frau eine Erniedrigung bedeutet, ihr Haar abzuschneiden oder ihren Kopf zu rasieren, soll sie ihren Kopf bedecken. Ein Mann braucht seinen Kopf nicht bedecken, da er das Ebenbild und die Ehre Gottes darstellt; doch die Frau ist zur Ehre des Mannes. Denn der Mann stammt nicht von der Frau, doch die Frau vom Manne, noch wurde der Mann wegen der Frau erschaffen, doch die Frau für den Mann. Aus diesem Grund, und wegen der Engel, soll die Frau ein Zeichen des Gehorsams auf ihrem Kopfe tragen." (I Korinther 11:3-10).

Die Ansicht des Hl. Paulus ist also, dass der Schleier als Zeichen des Gehorsams gegenüber dem Manne gilt, der das Ebenbild und die Ehre Gottes darstellt, und aus dem und für den die Frau geschaffen wurde..

Der Hl. Tertulian schrieb in seiner berühmten Abhandlung "Über das Verhüllen der Jungfrauen", "Junge Frauen, tragt euren Schleier auf der Strasse so, wie ihr ihn in der Kirche tragt. Ihr tragt ihn unter Fremden, also tragt ihn unter euren Brüdern ..."

Im katholischen Kirchenrecht gibt es immer noch Regelungen, welche der Frau vorschreiben, in der Kirche ihr Haupt zu bedecken (das dürfte sich jüngst geändert haben. Anm. d. Übers) [25]. Einige christliche Gruppen, wie die Amish und die Mennoniten z.B. halten ihre Frauen bis heute bedeckt. Der Grund für die Verhüllung, wie er von die kirchlichen Führen genannt wird, ist: "Die Kopfbedeckung ist ein Symbol der Unterordnung der Frau unter den Mann und unter Gott." : Die gleiche Logik, welche der Hl. Paulus im Neuen Testament einführte.[26].
 

Aus den oben angeführten Belegen geht klar hervor, dass der Islam das "Kopftuch" nicht erfunden hat, es allerdings billigt. Der Qur’an veranlasst die die Gläubigen Männer und Frauen ihre Blicke zu senken und ihre Scham zu bewahren und dann die Frauen veranlasst, ihre Kopftücher über den Ausschnitt und Busen zu ziehen "Sprich zu den gläubigen Männern, dass sie ihre Blicke zu Boden schlagen und ihre Keuschheit wahren sollen ... Und sprich zu den gläubigen Frauen, dass sie ihre Blicke zu Boden schlagen und ihre Keuschheit wahren und ihren Schmuck nicht zur Schau tragen sollen - bis auf das, was davon sichtbar sein darf, und dass sie ihre Tücher um ihre Kleidungsausschnitte schlagen und ihren Schmuck vor niemand (anderem) enthüllen sollen als vor ihren Gatten oder ..." (24:30,31).

Der Qur'an drückt ganz klar aus, dass der Schleier etwas Wesentliches ist, um den Anstand zu wahren, doch warum ist Anstand und Keuschheit so wichtig? Der Qur'an gibt auch darauf eindeutige Antwort:

"O Prophet! Sprich zu deinen Frauen und deinen Töchtern und zu den Frauen der Gläubigen, sie sollen ihre Übergewänder reichlich über sich ziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, dass sie (dann) erkannt und nicht belästigt werden. Und Allah ist Allverzeihend, Barmherzig. [33:59]"

Das ist der Punkt, um den es geht, der Anstand ist vorgeschrieben, um die Frauen vor Belästigung zu schützen oder einfach gesagt: Anstand ist Schutz. (Behütung; Anm. des Übers.)

Somit ist der einzige Grund der Verhüllung der Schutz. Der islamische Schleier, ganz anders wie der Schleier in der christlichen Tradition, ist nicht das Zeichen männlicher Autorität über die Frau, noch ist er für die Frauen das Zeichen der Unterwerfung unter den Mann. Der islamische Schleier ist auch nicht wie in der jüdischen Tradition, Zeichen von Wohlstand und Adel einiger nobler jüdischen Frauen. Der islamische Schleier ist das bloße Zeichen des Anstandes, mit dem einzigen Zweck, die Frauen zu behüten, alle Frauen. Die islamische Philosophie ist: es ist immer besser, auf Nummer sicher zu gehen, als etwas im Nachhinein zu bereuen.

Tatsächlich ist der Qur'an derart darauf bedacht, Leib und Ansehen der Frauen zu beschützen, dass ein Mann, der es wagt, falsche Beschuldigungen wegen unzüchtigem Verhalten, gegen eine Frau zu erheben, schmerzlicher Strafe ausgesetzt wird. "Und denjenigen, die ehrbaren Frauen (Unkeuschheit) vorwerfen, jedoch nicht vier Zeugen (dafür) beibringen, verabreicht achtzig Peitschenhiebe. Und lasst ihre Zeugenaussage niemals mehr gelten; denn sie sind es, die Frevler sind;" (24:4). [26].

Vergleichen Sie einmal diese strenge Haltung mit der extrem laschen Bestrafung für Vergewaltigung in der Bibel.

"Wenn ein Mann auf eine Jungfrau trifft, die noch niemandem zur Ehe versprochen ist, und er vergewaltigt sie und sie werden entdeckt, soll er dem Vater des Mädchens 50 Silber Schekel bezahlen. Er muss das Mädchen heiraten, da er sie verletzt hat. Er kann sie Zeit seines Lebens nicht scheiden" (Deut. 22:28-30).

Man muss hier schon die einfache Frage stellen, wer wurde hier wirklich bestraft? Der Mann, der geringe Busse für eine Vergewaltigung bezahlte oder das Mädchen, welches gezwungen wird, den Mann zu heiraten, der ihr Gewalt angetan hat und mit dem sie bis zu seinem Lebensende leben muss? Eine andere Frage die hier auch gestellt werden sollte ist die: Was ist größerer Schutz für die Frau, die strenge qur'anische Haltung oder laxe biblische?

  Einige Leute, besonders welche aus dem Westen, neigen dazu, das Argument: Anstand als Schutz, lächerlich zu machen. Ihr Argument ist, dass der beste Schutz eine gediegene Bildung, kultiviertes Benehmen und Selbstkontrolle sei. Wir sagen: Gut, aber nicht genug.

1. Wenn "zivilisiertes" Benehmen genug Schutz gewährleistet, warum ist es dann so, dass sich Frauen in Nord Amerika in der Dunkelheit nicht mehr die Strasse zu betreten trauen oder über einen leeren Parkplatz zu gehen?

2. Wenn Erziehung und Ausbildung die Lösungen sind, warum haben dann angesehene Universitäten, wie die unsere ein "Heimweg - Begleitservice" für weibliche Studenten auf unserem Campus eingerichtet?

3. Wenn Selbstbeherrschung die Antwort ist, warum sind dann die Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz täglich in den Nachrichten? Beispiele für solche Übeltäter in den letzten Jahren: Offiziere der Marine, dem Management, Universitätsprofessoren, Senatoren, Oberste Richter und der Präsident der Vereinigten Staaten!

Ich traute meinen Augen nicht, als ich in einer Broschüre, herausgegeben vom Vorstand des "Frauenbüros" an der Queens Universität, die Statistik las:

 

o        "In Kanada wird alle 6 Minuten eine Frau belästigt",

o        1 von 3 Frauen wird wenigstens einmal in ihrem Leben sexuell bedrängt",

o        1 von 4 Frauen riskiert in ihrem Leben einmal vergewaltigt zu werden",

o        1 von 8 Frauen wird sexuell bedrängt, während sie sich in der Schule oder auf der Universität befindet und

o        eine Studie belegte, dass 60 % der Männer im Universitätsalter sagten, dass sie durchaus einer Frau Gewalt antun könnten, wären sie sicher, nicht erwischt zu werden."

Irgendetwas ist grundsätzlich falsch in dieser Gesellschaft in der wir leben. Eine radikale Änderung in der Art des gesellschaftlichen Lebens und der Kultur ist absolut nötig. Eine Kultur des Anstands wird dringend gebraucht, Anstand in der Bekleidung, Sprache und im Betragen beider, Männer wie Frauen. Sonst werden diese bösen Statistiken weiter ansteigen, jeden Tag ein wenig mehr, und bedauerlicherweise werden die Frauen alleine den Preis dafür zahlen. Daher schadet eine Gesellschaft, wie die französische, die junge Frauen wegen ihrer anständigen Kleidung aus der Schule verweist, letztlich nur sich selbst.

Es ist eine der größten Ironien in unserer heutigen Welt, dass ein und das gleiche Kopftuch als Zeichen der „Heiligkeit" angesehen wird, wenn es von katholischen Nonnen getragen wird, und damit die Autorität des Mannes über die Frau zum Ausdruck kommt und es als Zeichen der "Unterdrückung" bewertet wird, wenn es von muslimischen Frauen zu deren Schutz getragen wird.

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17. NACHWORT

Die eine Frage, welche alle Nicht-Muslime stellten, welche eine frühere Version dieser Abhandlung gelesen hatten, war: Wird den muslimischen Frauen in der muslimischen Welt auch heutzutage diese noble Behandlung zuteil? Die Antwort ist leider, nein. Da diese Frage in jeder Diskussion über den Status der Frau im Islam unausweichlich gestellt wird, müssen wir an einer Antwort arbeiten, um dem Leser ein Gesamtbild zu vermitteln.

Zuerst muss man sich klar machen, dass auf Grund der großen Unterschiede innerhalb der muslimischen Gesellschaft, Verallgemeinerungen zu kurz greifen. Da gibt es ein breites Spektrum von Haltungen zu den Frauen in der heutigen muslimischen Welt. Diese Haltungen variieren von einer Gesellschaft zur nächsten und auch innerhalb jeder einzelnen Gesellschaft. Dennoch können bestimmte allgemeine Trends ausgemacht werden. Alle muslimischen Gesellschaften haben sich mehr oder weniger vom Ideal des Islams, was die Haltung zur Frau betrifft, entfernt. Diese Abweichung fand in den meisten Fällen in zwei entgegen ge­setzten Richtungen statt. Die eine in Richtung ist mehr konservativ, beschränkend und traditionell, wo hingegen die zweite in Richtung liberaler und westlich orientiert ist.

Die Gesellschaften welche der ersten Richtung folgten, behandeln ihre Frauen gemäß dem Brauch und den Sitten, welche sie von ihren Vorfahren übernommen haben. Diese Sitten enthalten den Frauen im Allgemeinen ihre Rechte vor, welche ihnen vom Islam gewährt wurden. Daneben werden die Frauen auch noch nach ganz anderen Maßstäben behandelt, wie die Männer. Diese Diskriminierungen beeinträchtigen das Leben jeder Frau: sie wird mit weniger Freude als ein Knabe bei ihrer Geburt empfangen; sie wird eher nicht in die Schule geschickt; sie wird eventuell gar nichts aus dem Besitz ihrer Familie erben; sie steht unter ständiger Beobachtung, um sich ja anständig zu benehmen, wohingegen die Unanständigkeiten ihres Bruders toleriert werden; sie kann sogar für eine Handlung getötet werden, welche, wenn sie von den männlichen Familienmitgliedern begangen wird, sogar noch Anlass zu Stolz gibt; sie hat wenig bei Familien- oder Gemeindeangelegenheiten zu melden; sie hat vielleicht gar keine Befugnis über ihr Eigentum oder Mitgift; und letztlich könnte sie es als Mutter sogar vorziehen, lieber einem Knaben das Licht der Welt zu schenken, um so ihren gesellschaftlichen Rang zu erhöhen.

Andererseits gibt es muslimische Gesellschaften (oder bestimmte Schichten innerhalb einiger Gesellschaften), welche von der westlichen Lebensart gänzlich überrollt wurden. Diese Gesellschaften imitieren oft gedankenlos, was immer sie vom Westen kriegen und enden im Allgemeinen mit den schlimmsten Früchten, welche die westliche Zivilisation hervorbringt. In diesen Gesellschaften ist es das erste Ziel einer "modernen" Frau, ihre körperliche Schönheit zu betonen. Daher ist sie quasi besessen von der Gestalt ihres Körpers, ihrem Unfang und Gewicht. Sie neigt dazu, sich mehr um ihren Körper zu kümmern, als um ihren Geist, mehr um ihre Ausstrahlung als um ihren Verstand. Ihre Ausstrahlungs- und Anziehungskraft wird mehr von der Gesellschaft anerkannt, als ihre erworbenen Kenntnisse, intellektuellen Errungenschaften und ihr sozialer Einsatz. Man erwartet keine Qur'anausgabe in ihrer Tasche zu finden, die angefüllt ist mit kosmetischem Zeug, welches sie überall hin begleitet. Ihre Spiritualität hat keinen Raum in einer Gesellschaft, die so mit ihrer äußeren Attraktivität beschäftigt ist. So wird sie ihr Leben mehr damit verbringen, ihre Weiblichkeit zu verwirklichen, als ihre Menschlichkeit zu entwickeln.

Warum driften die Muslime von den Idealen des Islams ab? Darauf gibt es keine einfache Antwort. Eine umfassende Darstellung der Gründe, warum die Muslime nicht an der Rechtleitung des Qur'ans bezüglich der Frauen festhalten, sprengt die Grenzen dieser Ausführungen. Jedenfalls muss deutlich gemacht werden, dass die muslimischen Gesellschaften, bereits seit langer Zeit bezüglich vieler Aspekte des menschlichen Seins, von den islamischen Richtlinien abgewichen sind. Da gibt es eine große Kluft zwischen dem, woran die Muslime zu glauben haben und woran sie sich in der Praxis halten. Diese Kluft entstand nicht erst vor kurzem. Sie besteht seit Jahrhunderten und verbreitert sich Tag um Tag. Diese sich ständig erweiternde Kluft hat bereits fürchterliche Konsequenzen, erkennbar in allen Lebensaspekten, in der muslimischen Welt verursacht: politische Unterdrückung und Zersplitterung ("teile und herrsche" röm. Herrschaftsstrategie; Anm. d. Übers.), ökonomische Rückständigkeit, soziale Ungerechtigkeit, gesellschaftlicher Niedergang, geistige Stagnation, etc. Der nicht-islamische Status der Frau in der muslimischen Welt heutzutage, ist mehr das Symptom einer tiefer sitzenden Krankheit. Jede Reform des Status muslimischer Frauen wird nicht erfolgreich sein, wird sie nicht von einer weit umfassenderen Reform der gesamten Lebensart in den muslimischen Gesellschaften begleitet. Die islamische Welt bedarf einer Renaissance, welche sie den Idealen des Islams näher bringt und nicht sie davon entfernt. Kurz gesagt, die Behauptung, dass der armselige Status der muslimischen Frauen durch den Islam bedingt ist, ist eine blanke Fehldarstellung. Die Probleme der Muslime, ganz im Allgemeinen, rühren nicht daher, weil sie zu sehr am Islam festhalten, sie sind vielmehr das Ergebnis, einer, seit langem andauernden Entfernung davon.

Und es muss auch nochmals betont werden, dass die Absicht dieser vergleichenden Studie keineswegs in der Diffamierung des Juden- oder Christentums liegt. Die Position der Frauen in der jüdisch-christlichen Tradition mag erschreckend aus der Sicht des späten 20. Jahrhunderts sein. Dennoch hat sie im speziellen historischen Kontext gesehen zu werden. Mit anderen Worten hat jede objektive Feststellung zur Position der Frauen in der jüdisch-christlichen Tradition, die historischen Umstände zu berücksichtigen, unter welchen sich diese Tradition entwickelte. Es kann keinen Zweifel darüber geben, dass die Einstellungen der Rabbiner und Kirchenväter zur Frau, durch die vorherrschende Stimmung ihrer Zeit beeinflusst waren. Die Bibel selbst wurde von verschiedenen Autoren zu verschiedenen Zeiten geschrieben. Diese Autoren konnten den sie umgebenden Werten gegenüber nicht völlig unzugänglich sein. Zum Beispiel sind die Gesetze des Alten Testaments bezüglich Ehebruchs, derart gegen die Frauen voreingenommen, dass sie sich einer rationalen Erklärung durch unsere Mentalität entziehen. Dennoch, wenn wir berücksichtigen, dass die frühen jüdischen Stämme ihre genetische Einheit über alles erhoben und extrem daran interessiert waren, sich von den sie umgebenden Stämmen abzugrenzen, und dass nur die sexuellen Abirrungen ihrer verheirateten Frauen, diesen Anforderungen entgegentreten konnten, sollten wir in der Lage sein, sie zu verstehen, auch wenn wir nicht mit den Gründen für diese Neigung sympathisieren. Auch die Verfolgungen der Frauen durch die Kirchenväter, sollten nicht vom Einfluss der misogynistischen römisch-griechischen Kultur ((krankhafte) Abneigung von Männern gegenüber Frauen; Brockhaus) losgelöst gesehen werden. Es wäre nicht fair, die jüdisch-christlichen Gesetze zu beurteilen, ohne dem relevanten historischen Hintergrund gebührende Beachtung zu schenken.

Tatsache ist auch, dass es wesentlich ist, den jüdisch-christlichen Kontext zu kennen, wenn man die Bedeutung der Beiträge des Islams zur Weltgeschichte und der menschlichen Zivilisation verstehen will. Die jüdisch-christliche Tradition wurde durch Umwelt, Umstände und Kulturen beeinflusst und geformt, innerhalb derer sie existierten. Im siebten Jahrhundert n.C. hatten diese Einflüsse die ursprünglichen Botschaften an Moses und Jesus über jede Vorstellungskraft hinweg entstellt. Die armselige Lage der Frau im siebten Jahrhundert in der jüdisch-christlichen Welt, ist nur eine Sache. Daher gab es ein großes Bedürfnis nach einer neuen göttlichen Botschaft, welche die Menschheit wieder auf den richtigen Weg führen möge. Der Qur'an beschreibt diesen Auftrag des neuen Gesandten, als eine Erleichterung für Juden und Christen, von den schweren Belastungen, denen sie ausgesetzt waren: "Dies sind jene, die dem Gesandten, dem Propheten folgen, der des Lesens und Schreibens unkundig ist; dort in der Thora und im Evangelium werden sie über ihn (geschrieben) finden: er gebietet ihnen das Gute und verbietet ihnen das Böse, und er erlaubt ihnen die guten Dinge und verwehrt ihnen die schlechten, und er nimmt ihnen ihre Last hinweg und die Fesseln, die auf ihnen lagen. Diejenigen also, die an ihn glauben und ihn stärken und ihm helfen und dem Licht folgen, das mit ihm herabgesandt wurde, die sollen erfolgreich sein." (7:157).

Daher sollte der Islam nicht als eine, zu Juden- und Christentum rivalisierende Tradition, gesehen werden. Er sollte als Zusammenfassung, Vervollständigung und Abschluss jener göttlichen Botschaften gesehen werden, die bis zuvor offenbart worden waren.

Am Ende dieser Untersuchung, erlaube ich mir der weltweiten muslimischen Gemeinschaft folgenden Rat mit zu geben. So vielen muslimischen Frauen wurden ihre fundamentalen islamischen Rechte seit so langer Zeit vorenthalten. Die Fehler der Vergangenheit müssen korrigiert werden. Dies zu tun ist keine Gefälligkeit, sondern eine unbedingte Pflicht für alle Muslime. Die weltweite islamische Gemeinschaft hat eine Charta der Rechte der muslimischen Frau zu veröffentlichen, welche auf den Vorschreibungen des Qur'an und den Lehren des Propheten des Islams gründen. Diese Charta muss den muslimischen Frauen alle Rechte zuerkennen, welche ihnen vom Schöpfer verliehen wurden. Dann müssen die entsprechenden Mittel entwickelt werden, um sicherzustellen, dass diese Charta ordentlich umgesetzt wird. Diese Charta ist längst überfällig, doch: "besser spät als niemals". Wenn die Muslime auf der Welt ihren Müttern, Frauen, Schwestern und Töchtern nicht ihre vollen islamischen Rechte garantieren, wer tut es sonst?

Darüber hinaus müssen wir den Mut aufbringen, uns unserer Vergangenheit zu stellen und alle Gebräuche und Gewohnheiten unserer Vorfahren zurückweisen, sollten sie den Vorschreibungen des Islams widersprechen. Kritisierte der Qur'an nicht die heidnischen Araber dafür, dass sie blind den Traditionen ihrer Vorfahren folgten? Auf der anderen Seite müssen wir eine kritische Haltung gegenüber all dem entwickeln, was wir vom Westen oder irgendeiner anderen Kultur empfangen. Gemeinsames Handeln und das Lernen mit und von anderen Kulturen ist eine unschätzbare Erfahrung. Der Qur'an hat dieses gemeinsame Handeln als Grund für die Schöpfung des Menschen besonders hervorgehoben: " O ihr Menschen, Wir haben euch aus Mann und Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, auf dass ihr einander erkennen möget. Wahrlich, vor Allah ist von euch der Angesehenste, welcher der Gottesfürchtigste ist. Wahrlich, Allah ist Allwissend, Allkundig." (49:13). Es versteht sich von selbst, dass blindes Nachahmen anderer, das sichere Zeichen für das Fehlen von Selbstachtung darstellt.

Dem nicht-muslimischen Leser, Jude, Christ oder anderes, sind diese letzten Zeilen gewidmet. Es ist befremdend, warum diese Religion, welche den Status der Frau revolutioniert hat, so herausgegriffen und als die Frauen unterdrückend, verunglimpft wird. Diese Auffassung über den Islam ist eines der weitest verbreiteten Unerklärlichkeiten in unserer heutigen Welt. Dieser Mythos wird durch einen nicht enden wollenden Wust von Sensationsliteratur, Artikel, Medienbildern und Hollywood Filmen aufrechterhalten. Das unvermeidliche Ergebnis dieser Täuschungen war das völlige Missverstehen des Islams und Angst vor allem, was mit ihm zu tun hat. Diese negative Darstellung des Islams in den Weltmedien muss zu einem Ende gebracht werden, wollen wir in einer Welt leben, die frei ist von Diskrimination, Vorurteil und Missverständnis. Nicht-Muslime sollten die tiefe Kluft erkennen, welche zwischen dem Glauben der Muslime liegt und dem was sie praktizieren, und, dass die Handlungen einzelner Muslime nicht unbedingt den Islam repräsentieren. Den Status der Frau in den heutigen muslimischen Ländern als "islamisch" zu bezeichnen, ist genauso weit von der Wahrheit entfernt, als den Status der Frau im Westen als "jüdisch-christlich" zu bezeichnen. Mit diesem Verständnis ausgerüstet, sollten Muslime und Nicht-Muslime einen Prozess der Verständigung und des Dialoges beginnen, um alle falschen Vorstellungen, Verdächtigungen, Unterstellungen und Ängste zu beseitigen. Eine friedliche Zukunft erwächst der menschlichen Familie aus solchem Bemühen.

Der Islam soll als eine Religion betrachtet werden, welche den Status der Frau erheblich verbessert hat und ihnen Rechte zugesprochen hat, welche die moderne Welt den Frauen erst in diesem Jahrhundert zubilligte. Der Islam hat den heutigen Frauen so viel zu bieten: Würde, Respekt und Schutz in allen Lagen und Situationen ihres Lebens von der Geburt bis zum Tod, zusätzlich zur Anerkennung, dem Ausgleich und der Erfüllung ihrer spirituellen, geistigen, physischen und emotionalen Bedürfnisse.

Das ist der Grund, dass es keine Überraschung ist, dass die meisten Konvertiten in den Islam, in Ländern wie z.B. England, Frauen sind.

In den U.S. ist das Verhältnis der Konversionen 4 Frauen zu 1 Mann [85]

Der Islam hat unserer Welt, die dringend moralischer Führung und Leitung bedarf, viel zu bieten.

Botschafter Herman Eilts, in einer Anhörung vor dem Committee on Foreign Affairs of the House of Representatives of the United States Congress on June 24th, 1985, sagte: „Die muslimische Gemeinschaft ist auf dem heutigen Globus eine Nachbarschaft von einer Milliarde. Das ist eine beeindruckende Zahl. Doch was für mich noch weit beeindruckender ist, ist die Tatsache, dass der Islam die heute am raschest wachsende monotheistische Religion ist. Das werden wir zu berücksichtigen haben. Irgendetwas ist gut am Islam. Er zieht eine ordentliche Zahl von Menschen an."

Ja, irgendetwas ist richtig am Islam und es ist an der Zeit, dies herauszufinden. Und ich hoffe diese Studie ist ein Schritt in diese Richtung.

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NOTES

1. The Globe and Mail, Oct. 4,1994.
2. Leonard J. Swidler, Women in Judaism: the Status of Women in Formative Judaism (Metuchen, N.J: Scarecrow Press, 1976) p. 115.
3. Thena Kendath, "Memories of an Orthodox youth" in Susannah Heschel, ed. On being a Jewish Feminist (New York: Schocken Books, 1983), pp. 96-97.
4. Swidler, op. cit., pp. 80-81.
5. Rosemary R. Ruether, "Christianity", in Arvind Sharma, ed., Women in World Religions (Albany: State University of New York Press, 1987) p. 209.
6. For all the sayings of the prominent Saints, see Karen Armstrong, The Gospel According to Woman (London: Elm Tree Books, 1986) pp. 52-62. See also Nancy van Vuuren, The Subversion of Women as Practiced by Churches, Witch-Hunters, and Other Sexists (Philadelphia: Westminister Press) pp. 28-30.
7. Swidler, op. cit., p. 140.
8. Denise L. Carmody, "Judaism", in Arvind Sharma, ed., op. cit., p. 197.
9. Swidler, op. cit., p. 137.
10. Ibid., p. 138.
11. Sally Priesand, Judaism and the New Woman (New York: Behrman House, Inc., 1975) p. 24.
12. Swidler, op. cit., p. 115.
13. Lesley Hazleton, Israeli Women The Reality Behind the Myths (New York: Simon and Schuster, 1977) p. 41.
14. Gage, op. cit. p. 142.
15. Jeffrey H. Togay, "Adultery," Encyclopaedia Judaica, Vol. II, col. 313. Also, see Judith Plaskow, Standing Again at Sinai: Judaism from a Feminist Perspective (New York: Harper & Row Publishers, 1990) pp. 170-177.
16. Hazleton, op. cit., pp. 41-42.
17. Swidler, op. cit., p. 141.
18. Matilda J. Gage, Woman, Church, and State (New York: Truth Seeker Company, 1893) p. 141.
19. Louis M. Epstein, The Jewish Marriage Contract (New York: Arno Press, 1973) p. 149.
20. Swidler, op. cit., p. 142.
21. Epstein, op. cit., pp. 164-165.
22. Ibid., pp. 112-113. See also Priesand, op. cit., p. 15.
23. James A. Brundage, Law, Sex, and Christian Society in Medieval Europe ( Chicago: University of Chicago Press, 1987) p. 88.
24. Ibid., p. 480.
25. R. Thompson, Women in Stuart England and America (London: Routledge & Kegan Paul, 1974) p. 162.
26. Mary Murray, The Law of the Father (London: Routledge, 1995) p. 67.
27. Gage, op. cit., p. 143.
28. For example, see Jeffrey Lang, Struggling to Surrender, (Beltsville, MD: Amana Publications, 1994) p. 167.
29. Elsayyed Sabiq, Fiqh al Sunnah (Cairo: Darul Fatah lile'lam Al-Arabi, 11th edition, 1994), vol. 2, pp. 218-229.
30. Abdel-Haleem Abu Shuqqa, Tahreer al Mar'aa fi Asr al Risala (Kuwait: Dar al Qalam, 1990) pp. 109-112.
31. Leila Badawi, "Islam", in Jean Holm and John Bowker, ed., Women in Religion (London: Pinter Publishers, 1994) p. 102.
32. Amir H. Siddiqi, Studies in Islamic History (Karachi: Jamiyatul Falah Publications, 3rd edition, 1967) p. 138.
33. Epstein, op. cit., p. 196.
34. Swidler, op. cit., pp. 162-163.
35. The Toronto Star, Apr. 8, 1995.
36. Sabiq, op. cit., pp. 318-329. See also Muhammad al Ghazali, Qadaya al Mar'aa bin al Taqaleed al Rakida wal Wafida (Cairo: Dar al Shorooq, 4th edition, 1992) pp. 178-180.
37. Ibid., pp. 313-318.
38. David W. Amram, The Jewish Law of Divorce According to Bible and Talmud ( Philadelphia: Edward Stern & CO., Inc., 1896) pp. 125-126.
39. Epstein, op. cit., p. 219.
40. Ibid, pp 156-157.
41. Muhammad Abu Zahra, Usbu al Fiqh al Islami (Cairo: al Majlis al A'la li Ri'ayat al Funun, 1963) p. 66.
42. Epstein, op. cit., p. 122.
43. Armstrong, op. cit., p. 8.
44. Epstein, op. cit., p. 175.
45. Ibid., p. 121.
46. Gage, op. cit., p. 142.
47. B. Aisha Lemu and Fatima Heeren, Woman in Islam (London: Islamic Foundation, 1978) p. 23.
48. Hazleton, op. cit., pp. 45-46.
49. Ibid., p. 47.
50. Ibid., p. 49.
51. Swidler, op. cit., pp. 144-148.
52. Hazleton, op. cit., pp 44-45.
53. Eugene Hillman, Polygamy Reconsidered: African Plural Marriage and the Christian Churches (New York: Orbis Books, 1975) p. 140.
54. Ibid., p. 17.
55. Ibid., pp. 88-93.
56. Ibid., pp. 92-97.
57. Philip L. Kilbride, Plural Marriage For Our Times (Westport, Conn.: Bergin & Garvey, 1994) pp. 108-109.
58. The Weekly Review, Aug. 1, 1987.
59. Kilbride, op. cit., p. 126.
60. John D'Emilio and Estelle B. Freedman, Intimate Matters: A history of Sexuality in America (New York: Harper & Row Publishers, 1988) p. 87.
61. Ute Frevert, Women in German History: from Bourgeois Emancipation to Sexual Liberation (New York: Berg Publishers, 1988) pp. 263-264.
62. Ibid., pp. 257-258.
63. Sabiq, op. cit., p. 191.
64. Hillman, op. cit., p. 12.
65. Nathan Hare and Julie Hare, ed., Crisis in Black Sexual Politics (San Francisco: Black Think Tank, 1989) p. 25.
66. Ibid., p. 26.
67. Kilbride, op. cit., p. 94.
68. Ibid., p. 95.
69. Ibid.
70. Ibid., pp. 95-99.
71. Ibid., p. 118.
72. Lang, op. cit., p. 172.
73. Kilbride, op. cit., pp. 72-73.
74. Sabiq, op. cit., pp. 187-188.
75. Abdul Rahman Doi, Woman in Shari'ah (London: Ta-Ha Publishers, 1994) p. 76.
76. Menachem M. Brayer, The Jewish Woman in Rabbinic Literature: A Psychosocial Perspective (Hoboken, N.J: Ktav Publishing House, 1986) p. 239.
77. Ibid., pp. 316-317. Also see Swidler, op. cit., pp. 121-123.
78. Ibid., p. 139.
79. Susan W. Schneider, Jewish and Female (New York: Simon & Schuster, 1984) p. 237.
80. Ibid., pp. 238-239.
81. Alexandra Wright, "Judaism", in Holm and Bowker, ed., op. cit., pp. 128-129
82. Clara M. Henning, "Cannon Law and the Battle of the Sexes" in Rosemary R. Ruether, ed., Religion and Sexism: Images of Woman in the Jewish and Christian Traditions (New York: Simon and Schuster, 1974) p. 272.
83. Donald B. Kraybill, The riddle of the Amish Culture (Baltimore: Johns Hopkins University Press, 1989) p. 56.
84. Khalil Gibran, Thoughts and Meditations (New York: Bantam Books, 1960) p. 28.
85. The Times, Nov. 18, 1993.
 


 
 




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