Offener Brief an Präsidenten Khatami und den Bundeskanzler

 Dezember, 25.12.2003

 Offener Brief an  den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland Gerhard Schröder
 und
 den Präsidenten der Islamischen Republik Iran Hodschat-ul-Islam  Mohammad Khatami

 Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Schröder, sehr geehrter Herr Präsident  Khatami,

 als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland islamischen Glaubens haben  wir die von Ihnen unterstützte bzw. initiierte Initiative des Dialogs der  Kulturen sehr begrüßt. Umso bestürzter stehen wir derzeit vor einem  Scherbenhaufen dieser Initiative, welcher zum Schaden aller Völker führen  kann, wenn nicht baldestmöglich etwas unternommen wird!

 Während in Frankreich die muslimischen Schülerinnen einem Entblößungszwang  unterliegen und deutsche Lehrerinnen auch zur Entblößung ihrer Haarpracht  gezwungen werden, sorgen sich jeden Tag weitere muslimische Schülerinnen  auch in Deutschland über ihre Zukunft und kapseln sich zunehmend von der  Mehrheitsgesellschaft ab, während sich in Frankreich eine Reihe von  Muslimas, die bisher keine Kopfbedeckung trugen, nunmehr mit ihren  Glaubensgenossinnen solidarisieren.

 Fassungslos haben wir vor wenigen Wochen in der größten Polizeiaktion der  Bundesrepublik Deutschland miterlebt, wie über 1000 Wohnungen mit mehreren  tausend muslimischen Einwohnern des Landes durchsucht wurden, "um sie zu  warnen", einer bestimmten Gruppe anzugehören, obwohl die Gruppe selbst nach  eigenen Angaben des Staates weniger als 800 Mitglieder hatte.

 Bestürzt haben wir miterlebt, wie dieses Jahr erstmalig die traditionelle  vom Islamischen Weg e.V. seit über zwei Jahrzehnten organisierte größte  deutschsprachige Dialogveranstaltung im Islamischen Zentrum Hamburg, in dem  seit zwei Jahren auch eine offene Podiumsdiskussion zwischen dem  Gastexperten aus der Islamischen Republik Iran Br. Mohammad-Ali Ramin  (Universitätsabsolvent in Deutschland und Dozent an iranischen Hochschulen)  und dem angesehen Orient-Experten Prof. Steinbach verhindert wurde, indem
 dem seit fast zwei Jahrzehnten zu der Veranstaltung problemlos einreisenden  Wissenschaftler und Politiker erstmalig das Einreisevisum verweigert wurde!

 Mehr als überrascht haben wir zur Kenntnis genommen, wie einem  Internetbetreiber in Deutschland ein Strafbefehl über mehrere Tausend EUR  zugestellt wurde, weil er eine Rede des verehrten Imam Khamene'i als  religiöses Oberhaupt unkommentiert veröffentlicht und sich nicht vom Inhalt  distanziert hat. Die dazugehörige sicherlich die Interessen beider Länder  berührende Gerichtsverhandlung findet Mitte Januar statt.

 Die Liste dieses Scherbenhaufens des Dialogs ließe sich noch seitenlang  fortsetzen, und es würde mehr als deutlich werden, dass der Islam und die  Muslime in der gesamten westlichen Wertegemeinschaft eine Art neues  Feindbild darstellen. Und der einzige Weg aus dieser für alle Beteiligten  verheerenden Sackgasse hinaus ist der Dialog, der derzeit  bedauerlicherweise von der Bundesrepublik verhindert wird.

 Aus den oben genannten Gründen wenden wir uns an Sie beide mit der Bitte,  uns Ihren Ratschlag zukommen zu lassen. Was können wir tun, um einer  unaufhaltbar scheinenden Katastrophe entgegenzuwirken, um den Dialog nicht  sterben zu lassen? Was empfehlen Sie Bundesbürgern und Staatsangehörigen  der Bundesrepublik Deutschland, die zwar mit allen ihnen zur Verfügung  stehenden Mitteln den Dialog der Kulturen zu fördern gewillt sind, aber  gleichzeitig die gewaltsame Unterdrückung dieses notwendigen Dialogs
 feststellen müssen? In welcher Form wollen Sie dazu beitragen, dass nicht  von der jungen Schülerin in der Schule bis hin zum Großvater in seiner Wohnung die so unberechenbare große Verunsicherung von Millionen von  Gläubigen verschlimmert wird, so dass diese Menschen sich nicht als  Ausgestoßene der Gesellschaft fühlen?

 Wir sehen zuversichtlich Ihren Empfehlungen entgegen und werden unsere  Leser gerne über eine konstruktive Antwort informieren.

 Dr. Yavuz Özoguz
 (Webmaster Muslim-Markt)

 (abgeschickt an den Bundeskanzler, den Präsidenten des Iran und diverse Medien im Iran)

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