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DER
STANDARD Arne A. Ambros*
Dienstag,=
25.
September 2001, Seite 43 Kommentar der anderen
War=
Jesus
ein Kriegstreiber?
Vom Sachverstand jener, die den Islam als Hassreligion kritisieren
Die Musli=
me
vereint der Glaube, dass der Koran göttliche Offenbarung an den
Propheten Mohammed ist. Wer nicht Muslim ist, sieht im Koran die Aufzeichnu=
ng
von Predigten dieses Mohammed (ca. 570-632) an seine Zeitgenossen und
lässt
die Frage nach dem letzten Ursprung ihrer Inspiration, als objektiver
Erörterung unzugänglich, auf sich beruhen. Faktum, für Muslim
und Nichtmuslim
gleichermaßen, bleibt, dass die Korantexte (die so genannten Suren)
zunächst und
primär an die Umgebung Mohammeds adressiert waren und unter sehr stark=
wechselnden Begleitumständen vorgetragen und aufgenommen wurden. Gerade
die späteren
Suren (aus den Jahren 622-632) sind konkrete und spezielle Botschaften an d=
ie
Muslime zur Zeit der Formung ihres politisch, sozial, wirtschaftlich und
militärisch solidarischen Gemeinwesens und ihres erbitterten und
verlustreichen
Kampfes gegen Mekka, die Vaterstadt Mohammeds, aus welcher er, nach
jahrelangen Anfeindungen und Nachstellungen, im Jahre 622 nach Medina hatte
auswandern
müssen.
Das wechs=
elnde
Kriegsglück im langen Kampf gegen Mekka, das erst 630 die
Waffen strecken musste, aber auch manch innere Zwistigkeiten im Lager der <=
br>
Muslime und mancher Wechsel in der Haltung gegenüber Andersgläubi=
gen
haben im Koran
nun sehr deutliche Spuren hinter- lassen. So kommt es, dass der Text nicht =
streng konsistent ist, sondern einige Aussagen enthält, die ihrem Wort=
laut
nach zueinander im Widerspruch stehen. Das hat nichts mit
"Irrationalität" zu
tun, sondern ist schlicht Auswirkung veränderter Gegebenheiten bei den=
Empfängern der Botschaft.
Die musli=
mische
Gelehrsamkeit war sich dieses Problems der Inkonsistenzen im
Koran von früher Zeit an durchaus bewusst. Sie hat daher Methoden
entwickelt, die endgültigen von den zeitbedingten und nicht mehr
gültigen Stellen zu
unterscheiden.
Komple=
xes
Gebäude
Währ=
end
langer Jahrhunderte haben muslimische Gelehrte die Interpretation
des Korans vorangetrieben. Nicht überall wurde Konsens erzielt, und di=
e
Deutungsarbeit kann auch im Grunde nie abgeschlossen sein. Aber eine
Behauptung, es
stehe "einem Kalifen, einem Mufti oder einem einfachen Richter zu, ein=
e
Fatwa, einen Spruch zu erlassen, der die authen=
tische
Bedeutung einer Sentenz aus
dem Koran feststellt", ist vom Boden der Tatsachen weit entfernt. Denn
einen
Kalifen als höchste und aktiv eingreifende Lehrautorität gab es n=
ur
in der
islamischen Frühzeit (bis ins 9. Jahrhundert); ein Mufti ist ein
obrigkeitlich
ernannter Gutachter, bestellt, um im Rahmen der Gesetze die Legalität =
bestimmter allgemeiner Sachverhalte in einer so genannten Fatwa
zu beurteilen (und
keinesfalls ein Koranausleger!); einem "einfachen Richter" steht
überhaupt
nicht mehr zu, als in Einzelfällen zu Klagen und Anklagen nach den
Bestimmungen
des gültigen Rechts zu urteilen.
Der Islam=
hat
gewiss den Koran als seinen Grundtext. Er hat auf diesem
jedoch in nahezu 14 Jahrhunderten ein hochkomplexes Gebäude von
Glaubensinhalten,
Normen und Institutionen geschaffen - und nur dieses, nicht aus dem
Zusammenhang gerissene einzelne Koranverse, darf zu einer Einschätzung=
des
Islam in
der Gegenwart betrachtet werden.
Eine Stel=
le wie
Sure 9, Vers 5 erweist sich, in ihrem Zusammenhang, nicht
als blutrünstiger Aufruf zu "Hass und Mord" (als etwa dem Is=
lam
schlechthin
eigentümlich), sondern als eine Ermutigung der Muslime und Abschreckung
der
Feinde in einem bestimmten historischen Kampf auf Leben und Tod.
Man ist a=
uch gut
beraten, die Eingangsworte dieses Verses nicht unter den
Tisch zu kehren: "Wenn die heiligen Monate vorüber sind". Di=
eses
sind nicht
etwa heilige Monate des Islam, sondern Tabumonate des vorislamischen Arabie=
n;
auch hier setzt sich der Islam also über allgemeine Normen der
Menschlichkeit
keineswegs einfach hinweg.
Mohammed =
als
Hassprediger und den Islam als Terrorreligion hinzustellen und
sich dabei auf ein paar Koranstellen (ohne deren Bedeutung im Zusammenhang =
und deren Bewertung durch den historischen Islam zu überprüfen) zu
berufen
zeigt so viel Sachverständnis, als wolle man Jesus wegen Worten wie
"Ich bin
nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das ,Schwert'"
(Matthäus 10,34)
oder "Wer sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen
verliert,
wird es ,retten'" (Markus 8,35) als Möchtegernkriegsstifter und <=
span
class=3DSpellE>Aufrufer zu
Selbstmordattacken hinstellen und das Christentum danach richten.
*Der Auto=
r ist
Professor für Islamwissenschaft an der Universität Wien.
DER STANDARD - Vinc=
enz
Liechtenstein,
VP-Bundesrat der steirischen Delegation in Wien
Dienstag, 25. September 2001, Seite 43
Kommentar der anderen
Cartoon.aspCartoon.asp135.asp135.asp
Wie militant ist der Koran?
Oder so gefragt: Ist der Islam tatsäch=
lich,
wie Bischof Kapellari jüngst
meinte, eine "radikale Religion" mit "begrenzter Toleranz&qu=
ot;?
Leserbriefe und
-fragen ähnlichen Inhalts erreichen uns in diesen Tagen häufig.
Stellvertretend
dafür: der folgende Beitrag von Vincenz
Liechtenstein - sachkundig gedeutet
von Islam-Experten.
Nach den Untaten von New York und Washinton werden die Hüter der Lehre nicht
müde - unter Hinweis auf zahlreiche Stellen aus dem Koran -, die
Friedfertigkeit und Menschenliebe des Islam zu bekunden.
Mindestens ebenso viele Passagen im Koran jedoch rufen zu Hass und Mord auf=
und erlegen es den "Gläubigen" auf, die
"Ungläubigen" oder "Götzendiener" zu
bekämpfen. Wobei der Begriff des Kampfes wörtlich zu nehmen ist:
Diese
Götzendiener nämlich, so befiehlt etwa die 9. Sure des Korans in
ihrem 5. Vers,
müsse man töten, wo immer man sie finde, und ihnen nachstellen
"aus jedem
Hinterhalt". Dieser Zusatz hat nach dem heimtückischen Gemetzel v=
on
New York und
Washington eine bedrückende Aktualität erlangt. Nur: So wenig sich
der böse,
hasserfüllte Osama Bin Laden je zu einer s=
einer
Mordtaten öffentlich bekannt
hat, so wenig werden Mohammedaner eingestehen, dass diese jedenfalls teilwe=
ise
ihre Wurzeln in der Lehre des Propheten finden.
"Islam light"?
In dieser Streitfrage hat es wenig Sinn,
Koranzitate einander
gegenüberzustellen - wir wissen, dass sich für alle denkbaren
Lesarten genügend Belege
finden lassen. Denn "das Buch" ist in sich widersprüchlich b=
is
zur
Irrationalität. Da die Mohammedaner diesen Mangel schon früh selb=
st
empfunden haben, wurde
für Streitfragen die Möglichkeit einer verbindlichen Auslegung
geschaffen.
Danach steht es einem Kalifen, einem Mufti oder einem einfachen Richter zu,=
eine "Fatwa", einen Spruch zu erlasse=
n, der
die authentische Bedeutung einer
Sentenz aus dem Koran feststellt.
Damit ist eine Praktikabilität üb=
er den
religiösen Bereich hinaus
geschaffen. Ein Beispiel: Zweifellos verbietet der Koran den Selbstmord, was
seine
Vertreter anführen, um Selbstmordattentate als gegen den Glauben geric=
htet
zu
entlarven. Man sagt aber nicht dazu, dass es eine ganze Reihe gleich lauten=
der
Fatwas gibt, die das Verbot des Selbstmordes im
Rahmen des "Heiligen Krieges"
aufheben. Auch der Islam kennt so etwas wie einen übergesetzlichen
Notstand,
was der praktischen Anwendungsmöglichkeit der Lehre sehr entgegenkommt=
.
Dies ist insofern auch dringend geboten, als sich die Lehre des Propheten <=
br>
nicht wie das Christentum als eine Religion versteht, deren Erfüllung =
metaphysischer Art ist, sondern einen "allumfassenden Lebensweg" =
und
ein
"vollständiges Rechtssystem" darstellen will. Der Islam hat =
also
eine starke politische
Dimension, deren radikalste Ausprägung in Theokra=
tien
wie jener der Taliban
manifest wird.
Mitteleuropa leitet sein Recht vom Souver&a=
uml;n
und der Verfassung ab, der Islam
aus dem Wort des Propheten - eine Konvergenz zwischen beiden ist nicht
vorstellbar. Diese offene Frage ist es letztlich, die europäische
Mohammedaner
dazu veranlasst, gegebenenfalls und nach außen hin auf Distanz zu ihr=
en
Glaubensbrüdern in islamischen Ländern zu gehen und hierzulande e=
ine
Art von "Islam
light" anzubieten, die das Unüberbrückbare überbrü=
cken
soll.
Dies geschieht mit dem Vorbehalt des Vorläufigen. Denn der Islam hat -=
ebenso wie der Marxismus - ein dynamisches Geschichtsbild, das eine
Prädestination
des Weltgeschehens zugrunde legt. Danach ist es Naturgesetz - mehr noch:
göttlicher Wille, dass die Historie so verlaufe, dass der Islam die
anderen
Religionen und Kulturen überlagere, besiege und endlich auslösche.
Wenn aber das
der Sinn der Geschichte ist, so sind alle Mittel, die dem dienen, ethisch <=
br>
gerechtfertigt, auch diejenigen, die unser Grauen erregen.
Turban oder Mitra?
Als im Jahre 1453 der türkische Sultan
Muhammad II. Konstantinopel belagerte
und schließlich gewann, gab es unter den orthodoxen Einwohnern der St=
adt
eine fatalistische Parole: "Lieber den Turban als die Mitra", wod=
urch
man auf
die Schrecken verwies, die man vor allem beim 4. Kreuzzug durch die
"Römer",
die Westeuropäer, hatte erleben müssen. Die Ferne der Orthodoxie =
von
Rom ist
heute noch auf weite Strecken nicht theologisch, sondern aus diesem Trauma =
begründet.
Nun ist zwar zugegebenermaßen der rus=
sische
Staatschef Wladimir Putin nicht
der Patriarch von Moskau, aber wenn er heute mit dem Hinweis auf den
Tschetschenienkrieg auf die gemeinsame Bedrohung durch den Islamismus hinwe=
ist,
so
scheint mittlerweile nicht nur ihm die Mitra wieder näher zu sein als =
der
Turban. Vielleicht liegt hierin die wahrhaft welthistorische Bedeutung des =
Verbrechens von New York . . .
http://w= ww.zeit.de/2001/39/Politik/200139_essay.cook.html
E S S A Y
Die Propheten des Weltuntergangs
Wer den modernen Islamismus verstehen will, muss seine apokalyptischen <= br> Wurzeln kennen
Von David Cook